Psychologische Sicherheit im christlichen Gruppenhaus

Veröffentlicht am 2. August 2025 um 16:25

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 Psychologische Sicherheit 

„Sprecht die Wahrheit in Liebe“ (Epheser 4,15) dieser Vers zeigt, wie entscheidend eine ehrliche und zugleich respektvolle Kommunikation ist. Besonders in unseren Teams christlicher Gästehäuser, wo viele Mitarbeitende mit verschiedenen Prägungen und Erfahrungen täglich zusammenarbeiten, brauchen wir Räume, in denen Fragen erlaubt sind, Kritik willkommen ist und man auch einmal sagen darf, wenn etwas nicht rund läuft. In der Teamkommunikation ist psychologische Sicherheit kein Zusatzthema, sondern eine Grundlage dafür, dass sich alle ernst genommen fühlen.

 

„Psychologische Sicherheit ist die Erlaubnis zur Offenheit. Das bedeutet, die zwischenmenschlichen Risiken zu akzeptieren, die damit einhergehen, Fragen zu stellen, Fehler einzugestehen oder einem Kollegen zu widersprechen.“[1]

Im Alltag unserer christlichen Gruppenhäuser bedeutet das zum Beispiel, dass eine Auszubildende sich traut, bei der Dienstbesprechung nachzufragen, warum ein Prozess so läuft, wie er läuft. Oder dass ein Kollege aus der Reinigungseinheit mitteilt, wenn eine Arbeitsanweisung nicht funktioniert. Offenheit braucht Mut. Und Mut entsteht dort, wo das Klima von Vertrauen geprägt ist.

Ein häufiges Missverständnis ist die Annahme, psychologische Sicherheit bedeute, dass es keine Konflikte oder keine Kritik gibt. „Sich sicher zu fühlen und sich wohlzufühlen ist nicht dasselbe.“[2]

Wirklich sichere Teams sind nicht immer nett, sondern ehrlich. In einem solchen Team darf ein Fehler angesprochen werden, ohne dass die betroffene Person bloßgestellt wird. Kritik geschieht konstruktiv und mit dem Ziel, gemeinsam besser zu werden. Genau diese Haltung ist zentral für unsere Arbeit mit Gästen, besonders wenn wir mit Gruppen oder Familien zu tun haben, bei denen Abstimmung im Team eine große Rolle spielt.

Wenn Teams hingegen Konflikte vermeiden, Informationen zurückhalten oder sich nicht trauen, Fragen zu stellen, dann leidet nicht nur das Miteinander, sondern auch die Qualität der Arbeit. Deshalb heißt es weiter:

„Ohne ehrliches Feedback und offenen Austausch, angenehm wie unangenehm, leiden Abstimmung, Leistung und Qualität.“[3]

Auch in unseren Teams erlebe ich, wie wichtig es ist, dass nicht nur Führungskräfte, sondern alle Mitarbeitenden an einer gesunden Kommunikation mitwirken. Jeder und jede kann dazu beitragen.

Ein kurzer Satz wie „Was meinst du dazu?“ oder „Hilf mir mal zu verstehen, warum das schwierig war“ kann viel verändern. Solche Fragen eröffnen Räume für Beteiligung. Sie zeigen, dass Meinungen und Erfahrungen willkommen sind. Besonders dann, wenn es im Team einmal hakt oder Entscheidungen getroffen werden müssen, ist die Qualität unserer Gespräche entscheidend.

Psychologische Sicherheit lässt sich nicht einfach verordnen. Sie wächst in der Art und Weise, wie wir miteinander reden. Sie entsteht, wenn wir gut zuhören, wenn wir Rückfragen stellen, wenn wir auch bei Gegenwind freundlich bleiben.

 

„Psychologische Sicherheit entsteht im gemeinsamen Handeln - Interaktion für Interaktion.“[4]

Ich bin überzeugt, dass unsere Häuser davon profitieren, wenn wir diese Haltung bewusst fördern. Sie stärkt den Teamgeist, sie schützt vor Missverständnissen und sie hilft, dass alle ihre Kompetenzen einbringen können. In der Sprache des Evangeliums heißt das: Ein Leib, viele Glieder, und jedes ist wichtig.

 

Führung kann dafür Rahmen setzen, aber das Klima entsteht im Miteinander. Deshalb lohnt es sich, in Teams immer wieder zu fragen: Wie reden wir miteinander? Werden Informationen geteilt oder eher zurückgehalten? Haben alle das Gefühl, sich äußern zu dürfen? Kommen wir im Gespräch wirklich voran oder drehen wir uns im Kreis?

 

Wir müssen Räume für Reflexion schaffen. Das kann ein Wochenrückblick sein, ein kurzes Feedbackritual nach einem stressigen Tag oder die bewusste Einladung zu einer offenen Runde:

  1. Was hat uns heute weitergebracht?
  2. Was hat gefehlt?
  3. Was hat uns vielleicht geärgert, und was freut uns?

 

 

Fazit: Psychologische Sicherheit ist kein weiches Thema, sondern ein tragendes Fundament für unsere tägliche Arbeit. Und sie passt tief in unsere Werte. Denn wenn wir Gäste willkommen heißen wollen, dann beginnt das bei der Art, wie wir als Team miteinander sprechen. „Sprecht die Wahrheit in Liebe“, das ist keine Floskel, sondern eine Einladung zur Verbindlichkeit im Gespräch, zu einer Haltung, die stärkt, was uns als christliches Gästehaus ausmacht: Offenheit, Würde, Gemeinschaft.

 

Autor: Jens-Martin Krieg

 

[1] Zitat: Edmondson, Amy C.; Kerrissey, Michaela J. (Juli 2025). Psychologische Sicherheit. Harvard Business manager, 34-40. S. 35.

[2] Zitat: ebd. 34.

[3] ebd.

[4] ebd. 37.

"Das Wiedersehen", 1926, Ernst Barlach,

Bildrechte: Jens-Martin Krieg

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